Von Äpfeln und Schokolade


Meine letzte Arbeitswoche ist am Freitag dann ausgeklungen, als ich nochmal bei der Computerklasse war und mich mit einer meiner Deutschschülerinnen getroffen habe. 
Diesmal war ich bei ersterem auch etwas nützlicher und habe eine Schülerin (die wie ich glaube erst vor kurzem dazugekommen ist) in Word eingeführt- also erklärt, was man alles wo machen kann und bin dann auch noch zum Üben etwas dageblieben, sodass sie die Möglichkeit zum Nachfragen hatte. 
Am Nachmittag hat sich meine Deutschschülerin dann etwas verspätet, wodurch ich nach der Mittagspause mit zwei Kollegen einfach noch etwas entspannt hatte, da diese auch nicht viel zu tun hatten. Irgendwie hat mich das auch etwas beruhigt, dass ich auf Arbeit nicht die Einzige bin, die manchmal etwas Zeit übrighat. 
Dann ging es aber schließlich doch noch los und meine Deutschschülerin war echt lieb. Sie hat mir nämlich einen Apfel mitgebracht. Entweder einfach als Dankeschön oder als verfrühtes Geburtstagsgeschenk, da sie daran nämlich auch gedacht hat. (Was mich sehr überrascht hat, wir hatten da in unserer ersten Stunde beim Vorstellen mal darüber gesprochen und ich habe natürlich komplett vergessen, wann sie Geburtstag hat und sollte mir jetzt mal etwas ausdenken, wie ich unauffällig an diese Info komme)
Äpfel sind hier sehr beliebt und, da es kein regionales Obst ist, auch relativ teuer. Joel hat mir sogar erzählt, dass es auch ein typisches Geschenk ist, was ein Junge seiner festen Freundin macht. Was in Deutschland also Pralinen, Schokolade oder Blumen sind (lasst eurer Fantasie freien Lauf), ist hier ein Apfel. Und ich habe auch noch niemanden getroffen, der Äpfel nicht liebt. 
Samstag stand dann ein wichtiges Ereignis an. In unserer Nachbarschaft wurde eine „Introduction“ gefeiert. Das ist hier ein traditioneller Teil der Hochzeitsfeier. Bevor das Paar meist kirchlich getraut wird, wird der Mann und dessen Familie der Familie der Frau vorgestellt. Das ist in Buganda eine sehr wichtige Tradition.

Buganda ist eines der Königreiche in Uganda und befindet sich in der Region um Kampala- also in Zentraluganda. Es gibt in Uganda noch immer mehrere Königreiche mit repräsentativen Königen, die soweit ich weiß, schon vor der Zeit der Kolonialisierung bestanden. Die Sprache von Buganda ist Luganda und es ist heute auch das größte Königreich und hat den größten Anteil an Einwohnern. Auch der Name Uganda leitet sich davon ab, was auch daran lag, dass der König von Buganda mit der Kolonialmacht Großbritannien zu Beginn viel kooperiert hat. (! Ich habe noch nicht alle geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge richtig verstanden und hoffe, dass alles was ich hier geschrieben habe, korrekt ist. Ich möchte aber auch noch einmal darauf hinweisen, dass noch einiges mehr dahintersteckt und ich in keinster Weise ein Experte für dieses Thema bin. !)

Meine Gastmutter hat etwas Erfahrung darin, solche Veranstaltungen zu planen und kennt sich auch aus wo man in Kampala am besten Dinge besorgt, die man für eine solche Feier braucht, weshalb sie auch schon seit Wochen an der Planung beteiligt war und Freitagabend vollgepackt zu Hause ankam. 
Darunter waren auch zwei große Kuchen, die so verziert und gestaltet waren, dass sie aussahen wie ein Korb und wie ein Kürbis, sowie (Überraschung!) jede Menge Äpfel. 
Samstag ging es dann nach letzten Vorbereitungen zur Mittagszeit los. Da es sich um eine traditionelle Veranstaltung handelte, trugen auch alle traditionell-bugandische Kleidung. Frauen tragen eine Art Kleid namens Gomez und Männer eine Art längeres, weißes Gewand, aber die meisten trugen auch zusätzlich noch ein Jackett.
Auch meine Gasteltern haben darauf bestanden, dass ich mir einen Gomez von meiner Gastmutter leihe. 
Die Feier war dann ziemlich lang (Ich hatte mit 4-5 Stunden gerechnet, aber es war länger) und es waren wie hier üblich sehr viele Gäste da. Ich schätze, dass es mehr als 200 waren. 
Da die Veranstaltung auf Luganda war, kann ich leider nur ein paar Eindrücke beschreiben und nicht wiedergeben, was die ganze Zeit gesprochen wurde. Es gab eine Art Moderator, der durch den Abend geführt hat und viel und lang geredet hat, wobei ich nur Dinge wie „Danke fürs Kommen“, „Wie geht’s dir?“ und „Essen“ verstanden habe. 
Außerdem wurde ich gleich am Anfang von ihm noch einmal extra gegrüßt (weil ich wohl die einzige weiße Person oder die einzige Person aus dem Ausland war), was mir etwas unangenehm war, da ich in dem Moment auch gerade nicht konzentriert bei der Sache war und sich auf einmal 200 Köpfe in meine Richtung gedreht haben. Damit hat es leider nicht aufgehört, ich wurde bestimmt noch 2-mal angesprochen und habe auch ein Lied gewidmet bekommen. Noch unangenehmer wird mir diese ganze Aufmerksamkeit, wenn ich darüber nachdenke, dass ich die Namen des Brautpaares nicht mal kenne und nur da war, weil meine Gastmutter so involviert war. Und dann habe ich auch nicht mal richtig verstanden, was über mich gesagt wurde, da ja alles wie gesagt in Luganda war. Aber sie wollten ja alle nur nett sein und mich willkommen heißen sowohl auf der Feiert als auch generell in Uganda. Das ist nur wieder meine eher introvertierte Seite, die es nicht mag, so im Mittelpunkt zu stehen, weshalb ich mich bei solchen Situationen unwohl fühle. 
Abgesehen davon ging die Veranstaltung für mich entspannter weiter. 
Es wurden von Familienmitgliedern, Lieder vorgesungen oder Tänze aufgeführt wie es auch in Deutschland zu Hochzeiten oder besonderen Geburtstagen üblich ist. 
Und dann wurden die Familien sich ausführlich und offiziell gegenseitig vorgestellt. Das erfolgte grüppchenweise. Bis es dann eine Pause gab, in der alle etwas essen konnten. 
Dann ging es mit der Vorstellung weiter. Außerdem wurden dann die Geschenke verteilt, aber nicht wie man vielleicht denken könnte an das Brautpaar. Der Bräutigam macht nämlich den Eltern der Braut jede Menge Geschenke. Alle haben also beobachtet wie die Familie des Mannes zahlreiche eingepackte Geschenke, Geschenktüten und Kürbe, aber auch größere Dinge wie ein großes Regal, mehrere Sessel, ein Sofa, einen Koffer, usw. zu den Eltern der Frau gebracht haben. Meine Gastfamilie hat auch gesagt, dass Tiere wie Ziegen, Hühner oder Kühe verschenkt werden, davon habe ich aber nichts gesehen. Zum Ausdruck gebracht werden soll dadurch die Dankbarkeit dafür, dass die Eltern ihr Mädchen so gut aufgezogen haben. Außerdem wird es soweit ich weiß als teurer angesehen ein Mädchen großzuziehen als einen Jungen, was auch auf gewisse Weise ausgeglichen werden soll. 
Dann wurde noch am Ende der Kuchen angeschnitten und an einen Teil der Gäste verteilt und die Eltern des Paares haben ein Dokument unterschrieben, dass sie einverstanden mit der Hochzeit sind. Anscheinend wollen das die meisten Kirchen hier, um das Paar zu trauen. 
Ca. um 8 war die Veranstaltung dann zu Ende und wir sind müde nach Hause und zeitig ins Bett.

Der Ort, wo die Introduction gefeiert wurde

Meine Gasteltern und ich. (Das ist leider auch das einzige Foto von mir im Gomez, hab es irgendwie verpasst ein Bild im Stehen zu machen, auf dem man alles sieht- Ich weiß, einige von euch wird das bestimmt etwas aufregen. Tut mir leid)

Dann stand der Sonntag an- ein Tag, den ich gleichzeitig erwartet und gefürchtet habe. 
Erwartet, da es mein Geburtstag war und man sich allein aus kindlicher Gewohnheit doch irgendwie darauf freut. 
Gefürchtet, da dies natürlich auch ein Tag ist, den ich noch nie ohne meine Familie und ein paar Traditionen wie das jährliche Backen meines Lieblingskuchen- übrigens Maulwurfkuchen- verbracht habe. 
Viel gibt es zu diesem Tag dann aber doch nicht zu sagen. 
Ich habe eigentlich nicht wirklich gefeiert. Meine Gasteltern haben es erstmal beide vergessen, was mich echt überrascht hat, da sie erst den Tag davor noch darüber gesprochen haben, und Joel war seit Samstag nicht zu Hause, weil er übers Wochenende dringend seine Eltern besuchen musste (Joel ist der Neffe von meinen Gasteltern und lebt hier wegen seiner Elektrikerausbildung. Er wird aber von meinen Gasteltern trotzdem als Sohn und als Bruder von meinen Gastgeschwistern bezeichnet. Die biologischen Familienverhältnisse werden manchmal nicht ganz genau genommen und dadurch ist es manchmal etwas schwierig zu durchschauen, wenn z.B. jemand dir seinen Bruder vorstellt, ob dieser dann wirklich auch sein solcher ist oder beispielsweise sein Cousin). 
Ich konnte mich an diesem Tag aber trotzdem über viele Anrufe und Nachrichten aus Deutschland und Uganda freuen und auch meiner Gastmutter hat es dann sehr leidgetan, dass sie es erst vergessen hatte und hat mir noch ein selbstgebasteltes Armband geschenkt. 
Außerdem meinten die beiden, dass wir meinen und auch Rebeccas Geburtstag, die nur ein paar Tage vor mir hatte, noch etwas nachfeiern, wenn meine Gastgeschwister wieder da sind. Das finde auch besser, als nur mit meinen Gasteltern allein zu feiern, auch wenn das noch etwas hin ist. 
Am Nachmittag waren wir dann auch noch die Schwester meines Gastvaters besuchen, da diese ein Baby bekommen hat. Den ersten Monat nach der Geburt verbringen Frauen mit ihrem Kind bei ihren Eltern, wo wir sie dann getroffen haben. 
Als wir am frühen Abend dann wieder zurück waren, war auch Joel wieder da, der mir auch noch eine Tafel Schokolade geschenkt hat, was mich echt gefreut hat, da auch Schokolade hier echt etwas besonderes ist. Ich glaube außer uns Freiwilligen habe ich hier noch niemanden Schokolade kaufen/essen sehen. 
Die nächste Woche ging erstmal normal weiter. Ich war wieder allein bei den Luganda-Stunden, da Philipp leider eine Erkältung erwischt hatte.
Dienstag ist dann mein Gastbruder Romeo überraschenderweise aufgetaucht und noch bis Donnerstagmorgen geblieben. Anscheinend musste er hier dringend etwas abholen. Es war schön ihn mal wieder zu sehen -Er verbreitet immer so eine gute Stimmung- auch wenn es dann schnell wieder Abschied nehmen hieß.
Auch meine Arbeitswoche ging wie gewohnt weiter. Donnerstag habe ich das erste Mal die Schneiderei-Klasse von HUYSLINCI besucht. Sie haben dort ein Projekt laufen, bei dem sie Binden nähen und verkaufen, da dies zum einen kostengünstiger ist, aber auch die Umwelt schont, da weniger Müll produziert wird. Dort habe ich dann ein paar Stoffe zugeschnitten und fertige Produkte verpackt. 
Außerdem hatten wir noch ein Meeting, weil wir dabei sind eine Veranstaltung, die nächste Woche stattfindet, zu planen. (Dazu demnächst mehr) 
Am Freitag kam mein Supervisor wieder zu mir, um mich zu fragen ob ich mich mit Makros auskenne und das der Computerklasse erklären könnte. Da stand dann erstmal ein Fragezeichen in meinem Gesicht und ich habe mich im Internet dazu belesen und musste dabei feststellen, dass ich, auch wenn ich das Prinzip jetzt verstehe, mich generell nicht gut genug mit Excel auskenne, um auch nur eine sinnvolle Anwendung dafür erklären zu können und hab dann noch angefangen mich generell mal etwas mehr mit Excel auseinanderzusetzten. Ich glaube, dass ich was Excel angeht aber trotzdem keine so große Hilfe sein werde. 
Dann haben wir außerdem noch die ersten Greens in unserem Garten geerntet, wovon ich auch ein paar mit nach Hause nehmen durfte, worüber meine Gastfamilie sich dann freuen konnte. 
Greens sind zwar keine Äpfel oder Schokolade, aber trotzdem immer gern gesehen. Da konnte das Wochenende dann losgehen.

Kommentare

Mutti hat gesagt…
Hallo Pia-Lara,da hast du ja wieder Einiges erlebt. Ich soll dir auch von Dietmar nachträglich zum Geburtstag gratulieren, er wünscht dir weiter eine gute Zeit usw.
Vielleicht wirst du ja nochmal zu so einer "Hochzeitsfeier" eingeladen und du lernst dadurch etwas offener zu werden und besser auf Unbekanntes zuzugehen, deshalb hast du ja sicher auch diesen Weg vor dem Studium gewählt. Aber, wenn man die Sprache nicht richtig versteht, ist es schon schwierig. Englisch hat wahrscheinlich niemand gesprochen. Es war wirklich schade, dass wir dich nicht in voller Körpergröße in deinem "Kleid" gesehen haben. Ganz liebe Grüße an alle.

Beliebte Posts aus diesem Blog

Eine erste Woche voller erster Male

Aus Halbzeitpause wird Endzeitreise

Zwischen Arbeit und Familie