Ein lachendes und ein weinendes Auge

Die vorletzte Woche ging erst einmal mit meiner Erkältung weiter. Auf Arbeit war ich die ganze Zeit total fertig und habe nicht so viel zustande gebracht und auch bei der Luganda-Stunde am Montag hat mir einfach jegliche Konzentration gefehlt.
Dienstag sollten Philipp und ich dann auch noch einen Test schreiben. Und ich dachte, solche Schuldinge wären erstmal vorbei. Das einzig Gute dabei war wenigstens, dass wir beide gleich unvorbereitet waren, obwohl ich wohl trotzdem noch einen kleinen Vorteil hatte, da ich bis jetzt keinen Unterricht verpasst habe.
Wir mussten dann auch beide erstmal anfangen zu lachen, als wir nicht mal die Aufgabenstellungen verstanden haben. Naja, als das geklärt war, fand ich es zumindest gar nicht mehr soo schwer, was wohl daran lag, dass keine genauen Vokabeln abgefragt wurden, sondern einfach nur gefordert war: „Schreib einfach mal auf, was du weißt“
Nach unserem Test haben wir uns auch entschlossen gleich nach Hause zu gehen, sodass ich mich noch ein bisschen ausruhen konnte und meine Erkältung Mitte der Woche auch tatsächlich überwunden war. Zu Hause konnte ich in dieser Woche auch sehr viel Zeit allein entspannen, da Joels Prüfungen angefangen haben und er mit Lernen beschäftigt ist und auch meine Gasteltern wieder lang gearbeitet haben.
Bei HUYSLINCI habe ich dann wieder im Garten gearbeitet- vor allem umgegraben, Unkraut gejätet und Greens geerntet-, meinen Deutschunterricht weiter vorbereitet und gehalten (3x die Woche für jeweils 2 Stunden) und außerdem an ein paar Reports mitgearbeitet- also Berichte gelesen (+korrigiert und ergänzt).
Ende der Woche ist Romeo auch überraschenderweise verfrüht aufgetaucht und so konnte ich mal wieder etwas Zeit mit ihm verbringen. Am Samstag haben wir „die Chroniken von Narnia“ zusammen angeschaut, einen Film, den wir beide schon kannten und mochten und der gerade zufällig im Fernsehen auf Englisch kam. Einer seiner Lieblingsfilme ist übrigens „Kevin allein zu Haus“ und er war genauso wie einige meiner lieben Freunde zu Hause ganz überrascht, dass ich diesen Film noch nicht kenne. Vielleicht klappt’s ja dieses Jahr zur Weihnachtszeit endlich.
Sonst ist mein Wochenende wieder ganz entspannt und routiniert verlaufen. Nur eine Nachricht hat die Stimmung etwas getrübt, und zwar, dass Philipps Rückflug nach Deutschland für kommenden Mittwoch gebucht wird…
Nachdem Montag noch ein paar weitere Dinge für unser Visum erledigt wurden und ich mich allein zur Luganda-Stunde geschleppt habe, da Philipp für seine mögliche Ausreise noch einiges zu erledigen hatte, ging es Dienstag in aller Frühe nach Kampala. Das kam zwar etwas spontan, da erst geplant war, Mittwoch zu fahren, aber je eher desto besser, da unser erstes Visum ja schon am Donnerstag abläuft und alles wie im letzten Beitrag schon erwähnt viel zu spät wurde.
Ein bisschen aufgeregt war ich auch: Würde beim Immigration Office alles klappen? Komme ich erstmal gut allein an? Ich bin ja inzwischen immer noch nicht allein bis ins Zentrum von Kampala gefahren und Romeo hatte mir am Vorabend auch erzählt, dass ich nicht am alten Taxipark rauskomme, wo ich mich mit Trina treffen sollte, sondern dann noch etwas laufen müsste.
Aber wie immer waren alle Gedanken, die ich mir gemacht habe, unbegründet. Ich kam gut am Treffpunkt an, wenn auch fast eine Stunde zu spät, da das Taxi eine Weile im Stau stand und ich von der ersten Person, die ich nach dem Weg gefragt habe, erst einmal in die komplett falsche Richtung geschickt wurde. Aber mit etwas Durchfragen kam ich dann doch schnell an mein Ziel. Und die restlichen Leute, die ich angesprochen habe bzw. die mich angesprochen haben, wo ich hinmuss und ob ich den Weg kenne (anscheinend sah ich wohl etwas verzweifelt und orientierungslos aus), haben mich dann auch richtig gelotst und waren super nett.
Vom alten Taxipark aus sind Trina und ich dann zum Immigration Office gefahren, wo Finja und Thea uns schon erwartet haben und Eva dann später auch noch zu uns gestoßen ist. Die Zeit dort bestand wie für Behörden irgendwie typisch größtenteils aus Warten. Es hat aber alles gut geklappt und ich musste nicht mal irgendwelche Fragen beantworten, als ich dann endlich bei einem Mitarbeiter war, um meine originalen Dokumente zu zeigen, Fingerabdrücke nehmen zu lassen und ein Foto zu machen.
An diesem Tag wurde dann auch endgültig entschieden, dass Philipp aus persönlichen Gründen und aufgrund der Schwierigkeiten mit seinem Visum zurückfliegen würde.
Nachdem wir Freiwilligen (Trina hatte sich schon wieder verabschiedet) zusammen Mittagessen gegangen waren, haben Finja und ich daher entschieden, dass wir Philipp zum Flughafen begleiten wollen und so wurde gleich mit Trina und meiner Gastfamilie abgeklärt, dass Finja bei mir schlafen würde.
Bevor es zurück nach Entebbe ging, konnte Thea uns aber erst einmal überzeugen, mit ihr ins „National Museum“ zu gehen, wo wir auch eine geführte Tour bekommen haben. Wir bekamen viele Infos über Traditionen und Kultur sowie zur Geschichte Ugandas. Außerdem gab es dort gerade noch eine zusätzliche Ausstellung zu Gemälden von Leonardo da Vinci, die zwar klein war, mir aber trotzdem gut gefallen hat.

unter den Ausstellungsstücken waren vor allem alte Sachen, die heute so nicht mehr verwendet werden, hier zu sehen traditioneller Kopfschmuck für Männer aus verschiedenen Regionen Ugandas und früher verwendet für verschiedene Anlässe

die für uns wohl überraschendsten Informationen entnahmen wir wohl dieser Karte: so viele typische Nahrungsmittel, die wir hier auch regelmäßig essen, kommen ursprünglich gar nicht aus Uganda/Afrika. Nicht mal Bananen, von welchen es hier ja auch die unterschiedlichsten Arten gibt 

 Danach sind wir noch in ein schönes Café gegangen, wo ich seit langen einmal wieder einen Kaffee genießen konnte. Bei meiner Gastfamilie gibt es nur selten Kaffee und ist auch nicht so ganz dasselbe wie zu Hause und da ich was Kaffee angeht auch mal wieder eher wählerisch bin (ohne Milch geht z.B. nichts), trinke ich hier normalerweise nur Tee. 

Das Café sah so schön aus und war nur von Bäumen und Sträuchern umgeben, obwohl es mitten in Kampala war, von außen hat man es bis auf ein Schild nicht mal richtig gesehen. Das hat mir so gut gefallen <3

und auch unsere Getränke waren super lecker

Nach diesem spannenden und auch entspannten Nachmittag hieß es erstmal Abschied nehmen von Thea und auf den Rückweg nach Entebbe machen.
Um den schnellstmöglichen und einfachsten Weg zu einem der Taxiparks, von denen aus man ein Taxi nach Entebbe nehmen kann zu finden, haben Finja und ich uns entschieden ein SafeBoda zu nutzen, da es ein relativ weiter Weg war und wir auch nicht zu 100% wussten wohin. (Bzw. was heißt entschieden, eigentlich gab es keine andere Möglichkeit ;) )
Alles in allem finde ich, dass SafeBodas auch eine super Möglichkeit sind, sich schnell und kostengünstig in Kampala zu bewegen, vor allem wenn man die Stadt noch nicht so gut kennt.
Zur Erklärung: Bodas sind erst einmal so etwas wie Motorrad-/Moped-Taxis, man zahlt dem Fahrer eine kleine Summe (richtet sich natürlich nach der Strecke) und er fährt dich hin wo du möchtest.
Hauptsächlich in Kampala gibt es dann noch die sogenannten SafeBodas. Bei diesem Bodafahrer kannst du dir sicher sein, dass er wirklich eine Prüfung abgelegt hat und eine offizielle Erlaubnis besitzt. Außerdem besitzen sie auffällige Westen, auf denen du den Namen und eine Kennziffer lesen kannst (falls es irgendwelche Probleme geben sollte, ist es also leicht nachzuvollziehen, wer dich gefahren hat). Einen Zweithelm haben sie auch immer dabei und man kann sogar eine App nutzen, in der jeder Fahrer und jede Strecke registriert wird und mit welcher du ihn mit deinem Telefonguthaben auch gleich bezahlen kannst. Das ist günstiger als Barzahlen und die App bestimmt den Preis, der für die Strecke zu bezahlen ist. Der Fahrer kann dadurch also auch nicht einfach den doppelten oder dreifachen Preis verlangen, wenn du nicht weißt, was du für eine Strecke zahlen solltest.
Im Großen und Ganzen also alles sehr praktisch.
Leider haben Finja und ich uns im Verkehrsaufkommen dann sehr schnell aus den Augen verloren und als wir im Taxipark angekommen sind, uns natürlich sofort angerufen.
Nach einem kurzen Telefonat, durch welches wir uns immer noch nicht wiederfinden konnten, und den verschicken unseres Standortes auf WhatsApp mussten wir dann feststellen, dass wir in unterschiedlichen Taxiparks rausgelassen wurden. UPS…
Wir hätten zwar von beiden aus ein Taxi nach Entebbe nehmen können, aber da Finja ja nicht wusste wo sie aussteigen muss, um zu mir zu kommen, hat uns das nicht weitergebracht und Finja musste letztendlich noch ein SafeBoda zu mir nutzen.
Die ganze Situation hatte mich ein bisschen nervös gemacht, aber zum zweiten Mal an diesem Tag durfte ich die Freundlichkeit der Leute hier erfahren. Während Finja und ich noch übers Telefon versucht haben eine Lösung zu finden, haben ein paar Leute um mich herum mitgekriegt, dass wir gerade wohl ein kleines Problem haben und haben sofort versucht dieses mit uns zu lösen, indem sie mir z.B. nochmal den genauen Namen des Taxiparks gegeben haben, wo ich gelandet bin, sodass es nicht nochmal irgendwelche Missverständnisse mit dem Bodafahrer gibt oder mir auch einfach gesagt haben, dass ich, wenn ich gerade so aufgeregt und unkonzentriert bin, einfach meinen Rucksack vor mir statt auf meinen Rücken tragen soll, dass mir nichts geklaut wird.
Von diesen Leuten hat ein jüngerer Mann dann auch noch so lange mit mir gewartet bis Finja angekommen ist und die ganze Situation gelöst war und das ohne jegliche Aufforderung oder Gegenleistung.  Er hat nicht mal nach unserer Nummer oder sonst etwas gefragt, sondern hat einfach nur aufgepasst, dass wir uns wiederfinden und nicht noch irgendwas passiert. (Ich werde nämlich meinem Empfinden nach relativ häufig auch einfach von Fremden nach meiner Nummer gefragt, was mir inzwischen etwas auf die Nerven geht. Daher freue ich mich immer umso mehr, wenn Leute einfach ganz ohne Hintergedanken nett sind, was ja auch trotzdem auf den Großteil zutrifft)

Obwohl die ganze Sache an diesem Abend zwar nicht ganz optimal verlaufen ist, kann ich mich im Nachhinein nur noch über die lieben Menschen freuen, die ich an diesem Tag getroffen habe und die so hilfsbereit waren und ich habe mich hier auf einmal einfach nur richtig wohl gefühlt :)
Außerdem hatte ich das Gefühl, dass ich an diesem Tag trotzdem auch einmal wieder etwas mehr an Selbstständigkeit gewonnen habe.
Zu Hause angekommen ging es nach einem kurzen Kennenlernen von Finja und meiner Gastfamilie und Abendessen ins Bett.
Am nächsten Tag habe ich Finja dann mit zu HUYSLINCI genommen und ihr alles gezeigt. Im Garten haben wir für das Mittagessen meiner Kollegen dann auch noch ein paar Greens geerntet, bevor wir noch ein kleines Carepaket für Philipps Flug zusammengestellt haben und nochmal zu dem Service Center von unserem Telefonanbieter mussten, da wenn unser erstes Visum ausläuft, auch unsere SIM-Karten nicht mehr funktionieren würden.

Beim Ernten

Daher sind wir dann, bevor wir uns auf den Weg zu Trina und Philipp gemacht haben, noch zur Victoria Mall gefahren, wo wir auch noch einen kleinen Zwischenstopp im Supermarkt eingelegt haben, wo ich mir mal wieder ein paar Kekse sowie Haribos fürs Heimatgefühl gegönnt habe.
Den Nachmittag und Abend haben wir dann mit Philipp verbracht und haben vor allem zusammen gequatscht sowie ein letztes Abendessen vorbereitet (Chapati-Wraps mit Guacamole und Gemüse- lecker).
Die letzten ruhigen und fröhlichen Stunden miteinander gingen dann aber auch relativ schnell zu Ende und spätestens als wir drei mit Trina am Flughafen standen, hat die Realität uns eingeholt und die Stimmung ist gekippt: Philipp würde jetzt wirklich wieder nach Deutschland fliegen.
Finja, ich und der Himmel haben wohl um die Wette geweint. Da der Flug erst kurz vor 12 ging, war es schon spät als wir uns wieder auf den Rückweg gemacht haben und es hat inzwischen so stark zu schütten begonnen, dass Trina uns nicht bei mir rauslassen konnte und wir bei ihr schlafen mussten.
Dadurch habe ich es am nächsten Morgen auch nicht pünktlich zur Arbeit geschafft, sondern erstmal in Ruhe mit Finja gefrühstückt, bevor wir nochmal zu mir nach Hause mussten, um zu duschen und Finjas restliche Sachen zu holen. Dann hieß es ein weiteres Mal Abschied nehmen, da Finja zurück nach Fort Portal gefahren ist.
Auf Arbeit habe ich mich dann nur noch meinem Deutschunterricht gewidmet und zu Hause habe ich mich nach den letzten aufregenden Tagen etwas ausgeruht und noch einen Geburtstagsanruf getätigt.
Freitagfrüh durfte ich dann feststellen, dass unser Ausflug zur Victoriamall am Mittwoch nichts gebracht hat, da meine SIM-Karte trotzdem nicht funktioniert hat. Netterweise hat mir mein Supervisor aber erlaubt eine Stunde eher zu gehen, um nochmal in das Service Center zu fahren, was dann auch nochmal zwei Anläufe gebraucht hat, bis alles wieder funktioniert hat. Aber naja so konnte ich mir in meiner Wartezeit dazwischen noch ein leckeres Eis bei KFC gönnen.
Mein Wochenende und die letzten Tage liefen dann wieder ziemlich typisch und unspektakulär ab. Auf Arbeit ist gerade auch nicht so viel zu tun. Bei den Luganda-Stunden ohne Philipp fehlt mir schon etwas, es war einfach schöner nicht ganz so allein zu sein und auch immer eine gute Gelegenheit sich mal auszutauschen. Aber naja, so lange geht der Unterricht ja gar nicht mehr- nur noch bis Mitte Dezember.
Wenn ich auf meine letzte Woche zurückblicke, ist meine Stimmung einfach ambivalent. Auf der einen Seite hatte ich mal wieder so eine schöne Zeit mit den anderen Freiwilligen, wir haben endlich unser Visum bekommen und ich habe so nette und hilfsbereite Menschen getroffen, auf der anderen Seite haben der ganze Stress mit dem Visum, das Grübeln übers Nachhause Zurückfliegen aufgrund dieser Schwierigkeiten (das war nämlich wirklich kurz in Diskussion) und dann der Abschied von Philipp einen auch echt runtergezogen und gerade bei unseren kommenden Seminaren wird Finja und mir wohl echt etwas fehlen.
Das Einzige, was ich jetzt tun kann, ist aus meinen schönen Erfahrungen der letzten Woche etwas Kraft zu tanken und optimistisch in die Adventszeit zu starten, ich habe nämlich tatsächlich schon die ersten Weihnachtslieder gehört und meine Gastgeschwister kommen Ende der Woche auch vom Internat nach Hause :)

PS: Bei Trina haben wir diesmal nicht nur wieder den Welpen angetroffen, sondern auch diese niedliche Babykatze, die auch total zutraulich war

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